6 Empfehlungen zur regelkonformen Einbindung von Externen

Artikelserie Scheinselbstständigkeit Teil 3 (15. Aug 2023)

Die Rentenversicherung sieht gerade bei Spezialisten (wie in der IT) die »Teilhabe an einem Arbeitsprozess« als Indiz für Scheinselbständigkeit. Dazu kommen die »Eingliederung in den Betrieb« und die »Fremdbestimmtheit der Tätigkeit«. Deshalb schauen wir uns im dritten Teil genauer an, wie man die Leistungen eines Externen am besten nutzen kann. 

 

Quelle (was die Rentenversicherung genau sagt): https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Experten/Arbeitgeber-und-Steuerberater/summa-summarum/Lexikon/G/gesamtbetrachtung.html

Der Externe ist kein Mitarbeiter

Die Rentenversicherung lässt im Einzelfall genau prüfen, inwieweit der Externe

  • an einem Arbeitsprozessen teilnimmt (Arbeitsteiligkeit)
  • sich in den Betrieb bzw. die Organisation eingliedert

Darüber grenzt sie die Mitarbeit von der selbständigen Tätigkeit ab. Sie betrachtet dabei nicht nur die Verträge, sondern wie die Leistung konkret erbracht worden ist (Ausführung).

Übersetzt bedeutet das konkret:

  • Wer Externe regelmäßig an "Gruppenrunden" teilnehmen lässt,
  • Wer sich täglich oder wöchentlich mit Externen zu Aufgaben abstimmt,
  • Wer Externe vor Ort mit seinen Mitarbeitern zusammenarbeiten lässt,

erhöht sein Risiko als Auftraggeber signifikant.

Denn: im ersten Teil haben wir kennengelernt, dass das Risiko vor allem beim Auftraggeber liegt. https://www.task2vendor.de//all/public/content/simple-article.jsp?aid=21

Bitte beachten Sie dabei auch, was wir im zweiten Teil kennengelernt habe: hier sind nur spezielle Soloselbständige im Fokus (also nicht jeder Externe).
https://www.task2vendor.de//all/public/content/simple-article.jsp?aid=22

Regelkonforme Zusammenarbeit ist nicht an die Laufzeit gekoppelt

Es kursiert das Gefühl der Sicherheit: wenn ich einen Externen nicht länger als 18 Monate beschäftige, bin ich auf der sicheren Seite. Dem ist nicht so.

Wenn Sie sich die Ausführungen der Rentenversicherung genauer ansehen, werden sie feststellen, dass sie in dieser Zeit ebenfalls regelkonform agieren müssen. Ansonsten gehen Sie das oben beschriebene Risiko ein - egal, ob der Externe nur ein paar Wochen oder mehrere Monate Sie aktiv ist.

Sie müssen also jederzeit vermeiden, dass Ihre Mitarbeiter mit dem Externen »arbeitsteilig« zusammenzuarbeiten. Und Sie müssen vermeiden, dass der Externe sich »in den Arbeitsprozess« eingliedert.

Es stellt sich die Frage: Wie kann ich das konkret und regelkonform erreichen?

Empfehlung 1: Zerlegen Sie den Gesamtauftrag in Teilaufträge, die nach der Beauftragung nicht verändert werden

Sorgen Sie dafür, dass der Teilauftrag in sich geschlossen ist: Wenn erteilt, darf der Auftrag nicht mehr verändert werden.

Erlaubt ist: der Externe bindet Sie als Kunden ein (z.B. zu einem Planungsworkshop)

Gefährlich: Sie binden Externen ein.

Beispiel 1 - Projektmanagement:

Ein Teilauftrag beim Projektmanagement wäre z.B. die Erstellung eines Projektplans.

Beispiel 2 - Softwareentwicklung:

In der agilen Entwicklung wäre z.B. die Beauftragung der Umsetzung eines Bündels von User Stories ein in sich geschlossener Auftrag. Die Stories müssen dabei die Qualität besitzen, so dass sich der Inhalt nicht mehr ändert und der Entwickler diese eigenständig »als Auftrag« umsetzt.

Vermeiden Sie grenzwertige Besprechungen und Abstimmungen

Kleinteilige und kurzfristige Abstimmungen wie die "Dailies" bedeuten immer das Risiko der Arbeitsteiligkeit oder der Eingliederung, also: Anpassungen von Aufträgen, Verteilung von Aufgaben, ... ?

Sie senken Ihr Risiko also signifikant, wenn Sie hier auf Externe verzichten.

Falls doch empfiehlt es sich, hierfür ganz strenge Richtlinien zu sicherzustellen. Denn eine Statusabfrage ist natürlich regelkonform. Sicherstellen bedeutet Ihrer Sorgfaltspflicht als Auftraggeber nachzugehen. Vorbild Brandschutz: Neben den Richtlinien sollte das Personal auch geschult sein. Außerdem: Der SCRUM Master könnte z.B. auf Compliance achten.

Der Prüfer wird in einem Verfahren ggf. fragen, wozu so eine Abstimmung notwendig ist, wenn der Auftrag in sich geschlossen ist. So schön das Ganze für die Arbeit im Team ist: aber wenn das die Vermischung von Mitarbeitern und Externen bedeutet, bedeutet es, dass sie damit Ihr Risiko erhöhen.

Andere Elemente der agilen Zusammenarbeit lassen sich übrigens gut auf eine Beauftragung abbilden. Das Refinement ist z.B. nichts anderes als die Fixierung eines Auftrags. Sollten Sie mit Festpreisen arbeiten ist das Planning nichts anderes als die Vereinbarung des Festpreises. Denn bei einem Tagessatz wird hier auf den Umfang vereinbart.

Das Review dient dann der Abnahme und Abschluss des Auftrags.

Empfehlung 3: Finden Sie eine optimale Auftragsgröße

Ist der Auftrag nur ein paar Tage groß, riskieren Sie schnell, dass ein kritischer Prüfer den Auftrag als zu klein und darin Arbeitsteiligkeit sieht. Wenn Sie mehrere Externe beschäftigen, kann also eine Sprintlänge und eine Auftragsgröße von 4 Wochen besser sein als 2 Wochen.

Wählen Sie die Auftragsgröße so, dass sie den Auftrag nicht anpassen müssen. So kommen Sie zwischendurch nicht in die Gefahr, eine "andere Richtung" vorzugeben oder den Auftrag zu verfeinern.

Hier entscheidend: Der Externe muss unabhängig, also selbständig agieren können.

Empfehlung 4: Bevorzugen Sie Remote Arbeit

Die Nutzung der eigenen Betriebstätte ist ebenfalls ein Kennzeichen für selbständige Arbeit. Wenn Sie erst gar nicht zusammen sitzen zeigt es, dass eine Arbeitsteiligkeit bzw. eine Eingliederung ins Team nicht vollzogen wird (so schön das für den Teamgedanken auch wäre).

Gegen einen gezielten Kundenbesuch z.B. zur Auftragsklärung der Abnahme spricht natürlich nichts.

Einige Unternehmen sind sich über dieses Risiko bewusst. Sie erlauben aus diesem Grund z.B. per Dienstanweisung nicht, dass Externe beim Auftraggeber im gleichen Büro wie interne Mitarbeiter sitzen dürfen. Andere vereinbaren "Vorort-Tätigkeiten" nur im Ausnahmefall.

Empfehlung 5: Vermeiden Sie Vorgaben & Erwartungshaltung zum Wie und Wo

Auch das kennzeichnet die Einschränkung der selbständigen Tätigkeit. Die Vorgabe zur Einhaltung von Qualitätstandards (wie Sicherheitsrichtlinien) ist dagegen zulässig.

Empfehlung 6: Vorsicht vor der Begründung der "Onsite Leistungserbringung aus Sicherheitsgründen"

Bis vor einigen Jahren haben viele Unternehmen den Vororteinsatz mit dem Argument der Sicheheit begründet. Mit den neuen Möglichkeiten von Fernzugängen kann schnell nachgewiesen werden, dass die Leistung nachweislich aus der eigenen Betriebsstätte möglich ist. Und wenn der Externe eine gleichartige Leistung teilweise remote erbringt, wird die Argumentation im Prüfungsfall für Sie sehr schwer.

Damit kann die "gut gedachte" Begründung also schnell zum Indiz werden.

Die weiteren bekannte Punkten

Wir könnten jetzt noch in die üblichen Details nennen, dass der externe als solcher im Unternehmen gekennzeichnet sein sollte (EMail-Signatur), nicht in irgendwelchen Organigrammen auftauchen sollte und kein Urlaub mit ihnen vereinbart (freie Zeiteinteilung). Auf eine Detaillierung verzichten wir hier, da sie heute den meisten Unternehmen bekannt ist.

Zwei einfache "Anker"

  1. Halten Sie sich immer wieder vor Augen: Der Externe ist kein Mitarbeit
  2. Versuchen Sie sich vorzustellen, wie Sie mit einem Handwerker umgehen würden

Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie beauftragen einen Installateur. Er klärt mit ihnen einen Auftrag und kommt nur auf sie zu, wenn er Klärungsbedarf hat. Wenn er fertig ist, geht er mit Ihnen durch, was er für Sie erledigt hat.

Regelkonform ist auch ohne Festpreisgewerk möglich!

Das Beispiel zeigt, dass man nicht immer in Festpreisgewerke verfallen muss. Eine Abrechnung nach Material und Aufwand ist möglich. Doch dazu mehr im nächsten Teil, wenn es um die Vertragsform, die Abrechnung und das unternehmerische Handeln geht.

Fazit

Wir haben gesehen, dass es im Operativen einiges gibt, was man im Umgang mit Externen zu beachten hat.

Es wird deutlich. Um Scheinselbständigkeit zu vermeiden,

  • hat der Auftraggeber das auch operativ sicherstellen
  • empfiehlt es sich einen regelkonformen Weg zur Erbringung von Teilaufträgen zu implementieren
  • sollte der Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht für entsprechende Schulungen sorgen

Brandschutz ist hier ein gutes Vorbild.

Was wir ebenfalls nicht betrachtet haben: es ergeben sich daraus auch viele Vorteile für die operativen Mitarbeiter. Doch dem widmen wir ebenfalls einen eigenen Teil - denn das "Umdenken" fällt vielen nicht leicht. Und die Vorteile werden vielen erst dann sichtbar.

So geht es in der Serie weiter:

Teil 4: Unternehmerisches Handeln ermöglichen: Leistungsorientierte Abrechnung statt monatlichen Stundenzettel (Risiko vermeiden)

Teil 5: Herausforderung Umdenken: Warum die Veränderungen eigentlich gar nicht so groß sind und wir uns trotzdem so schwer damit tun

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